Diskussion unerwünscht: „Areal Ulrich“ wird durchgezogen

Ein Kommentar von Christian Utpatel, Vorsitzender der FWG –

„Alle wichtigen Entscheidungen“ hat die Stadtverordnetenversammlung zu treffen. So jedenfalls sagt es die Hessische Gemeindeordnung. Zum Entscheiden gehört das Abwägen verschiedener Vorschläge, die Klärung offener Fragen, die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen. Aber scheinbar nicht in Homberg. Da soll ein großes innerstädtisches Gelände mit einem Einkaufszentrum bebaut werden, und schon als dieses Projekt zum allerersten Mal im Parlament beraten wird hagelt es Kritik an der einzigen Fraktion, die Fragen stellt. Der eine sagt, man solle nun nicht schon zu Beginn alles kaputtreden, die anderen meinen es sei lange genug diskutiert worden und nun müssten endlich mal Pflöcke eingeschlagen werden. Mal abgesehen von der zeitlichen Widersprüchlichkeit ob man nun noch am Beginn sei oder lange genug geredet habe – einig schienen sich alle darin, dass es jedenfalls in der Öffentlichkeit der Stadtverordnetenversammlung nichts zu diskutieren gäbe. Die Vorschläge, die mehrere Hundert engagierte Bürgerinnen und Bürger bei einem Termin in der Stadthalle zusammengetragen hatten, bleiben nicht nur im Projektentwurf unberücksichtigt, sondern werden auch in der parlamentarischen Debatte ignoriert. Da hilft es auch nicht dass eine Partei selbstzufrieden erklärt, alle ihre Vorschläge seien schon im Vorfeld aufgegriffen worden. Es geht ja gar nicht darum, dass sich einzelne Parteien mit ihren Vorschlägen durchsetzen. Auch die Freien Wähler haben nie erklärt, dass sie grundsätzlich gegen das Vorhaben eines Einkaufszentrums seien oder ihren Willen durchsetzen wollen. Sondern es geht darum, dass eine Stadt in ihrer Gesamtheit darüber diskutiert, wie sie ihr Stadtzentrum gestalten will. Dass etwas geschehen muss zur Stärkung der Innenstadt, dass etwas geschehen muss gegen den wöchentlich wachsenden Leerstand Homberger Geschäfte ist völlig unstrittig. Aber ob dieses Ziel damit erreicht wird, dass man den leeren Geschäften nun noch mehr Verkaufsfläche als Konkurrenz danebenstellt, und ob dieses Ziel damit erreicht wird, dass im neuen Einkaufszentrum das Parken kostenlos ist, in der zu belebenden Altstadt aber zugleich Parkautomaten aufstellt – solche Entscheidungen sollten einer breiten Diskussion wert sein. Mal abgesehen von Fragen der Architektur, des Umweltschutzes und der Verkehrsführung direkt an einem Schulgelände vorbei. In Homberg aber wird das Projekt ohne Wenn und Aber durchgezogen. Bereits für den 15. Oktober ist eine abschließende Bürgerinformation in der Stadthalle geplant, deren Titel man wörtlich nehmen darf: dann wird nur noch informiert, nicht mehr diskutiert. Aber wer nichts zu verbergen hat braucht die breite öffentliche Diskussion nicht zu scheuen. Und wer angetreten ist um die politische Atmosphäre in Homberg zu verbessern sollte erst recht Wert darauf legen, dass wichtige Entscheidungen auch ordentlich durchdacht und breit diskutiert werden. Wenn jedenfalls, wie bei der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung geschehen, das Entstehen politischer Diskussionen in der Öffentlichkeit von Vornherein zum Tabu erklärt wird, ist der Sinn parlamentarischer Demokratie nicht verstanden worden.

Termin: Bürgerinformation am 15. Oktober um 19 Uhr in der Stadthalle

Hintergründe: HNA vom 26.09.2015

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