– Ein Kommentar von Christian Utpatel –
Die 11. Sitzung der aktuellen Stadtverordnetenversammlung am vergangenen Freitag wird unrühmlich in die Geschichte eingehen. Was zunächst nett klingt als „kurz“ und „unspektakulär“ hat doch einen bitteren Kern: Fast alle Tagesordnungspunkte wurden abgesetzt, egal ob es um den neuen Kindergarten in Mardorf ging, Umstrukturierungen im Finanzhaushalt oder den Verkauf von Gelände in den ehemaligen Kasernen. Bei jedem Thema hatten entweder die Ausschüsse oder alle Fraktionen gemeinsam bereits vor der Sitzung die Absetzung empfohlen. Und das heißt ja nichts anderes als: Alle waren sich einig, dass die Beschlussvorlagen nicht beschlussreif sind. Ein Armutszeugnis für den Bürgermeister und die ihm zuarbeitende Verwaltung. Und vertane Zeit für die Stadtverordneten, die sich in den Ausschüssen und Fraktionen auf diese Sitzung vorbereitet hatten und, nette Sitzung hin oder her, am ersten Tag der Sommerferien auch etwas anderes hätten unternehmen können. Zumal bei Themen wie dem Kindergartenbau in Mardorf gut durchdachte Entscheidungen dringend notwendig gewesen wären.
Ihren unrühmlichen Höhepunkt erhielt diese schlecht vorbereitete Sitzung dann durch eine persönliche Erklärung, die Bürgermeister Dr. Ritz nach Ende der Tagesordnung abgab. Darin teilte er mit, dass die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen gegen ihn durchführen würde aufgrund einer Anzeige eines inzwischen ehemaligen Stadtverordneten. Es ging dabei um mögliche Unregelmäßigkeiten beim Bau des Einkaufszentrums am westlichen Stadtrand, wobei der Bürgermeister auch andere Vorwürfe zitierte die in einem Homberger Internetforum gegen ihn erhoben wurden. Bürgermeister Dr. Ritz verwahrte sich gegen solche Anzeigen und wies dabei vor allem darauf hin, welche Belastung derartige Vorwürfe für seine Familie darstellen würden. Die Erklärung des Bürgermeisters wurde anschließend von der Mehrheit der Fraktionen ausgiebig beklatscht, was der Stadtverordnetenvorsteher wiederum zum Anlass nahm, den Bürgermeister der Unterstützung „von großen Teilen des Parlaments“ zu vergewissern.
Ein in jeder Hinsicht unrühmlicher Vorgang, auch für das Parlament. Natürlich wäre es schöner, alle könnten in Frieden und mit Freude und in großer Einigkeit gemeinsam an der Entwicklung unserer Stadt arbeiten. Aber so ist das nun mal in einem demokratischen Rechtsstaat: Wer sich Verantwortung übertragen lässt, zumal als Politikerin oder Politiker, muss sich auch immer die Frage gefallen lassen, ob er dieser Verantwortung gerecht wird. Dafür gibt es dann rechtsstaatliche Regularien und Abläufe, in denen das in der einen oder anderen Weise geklärt wird. Kein Zweifel, dass solcherlei Anfragen für den Betroffenen und seine Familie zur Belastung werden können. Aber diese nicht ertragen zu wollen oder zu können kann nicht dazu führen, Bürgerinnen und Bürgern ihr Recht auf Nachfrage zu bestreiten. Zum Glück muss man in diesem Land noch nicht mal Jura studiert haben um sich gegen ungerechtfertigte Beschuldigungen zur Wehr zu setzen. Das wird man als Betroffener also tun, und dann werden die dafür zuständigen Instanzen klären was zu klären ist. Ein ganz normaler juristischer Vorgang, ohne irgendwelche Häme oder Emotion. Und egal mit welchem der Kontrahenten sich das Publikum eher verbunden fühlt: Die Zuschauerinnen und Zuschauer dieser Auseinandersetzung können den Vorgang zur Kenntnis nehmen, aber da gibt es nichts zu klatschen, weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Jedwede Parteinahme verbietet sich, denn es sind alleine die rechtsstaatlichen Organe unserer Republik, die solcherlei Fragen zu beantworten haben. Und nicht der Jubel oder die Buhrufe des Volkes und seiner Stadtverordneten.
Danke für die klaren Worte. Solche Stellungnahmen sind und waren dringend notwendig. Ich habe sie vermisst.